Definition

Bei Prostatakrebs ist der Gleason Score die wichtigste Maßzahl für den Entartungsgrad der Krebszelle gegenüber einer gesunden Zelle. Je höher die Zahl (von 2 bis 10), desto aggressiver der Tumor.1

Beurteilung des Gleason Scores


Der erste Schritt zur Ermittlung des Gleason Scores ist es, operativ oder bei einer Biopsie  (unter örtlicher Betäubung) eine Gewebeprobe aus dem Teil der Prostata mit Krebsverdacht zu entnehmen. Anschließend färbt der Pathologe das Gewebe ein und analysiert es unter dem Mikroskop. Dabei prüft er, wie stark sich die Tumorzellen von gesunden Zellen unterscheiden.

Prostatakrebs ist in vielen Fällen uneinheitlich, was erklärt, warum eine Gewebeentnahme aus nur einem Bereich der Prostata nicht ausreicht. Prostatadrüsen aus zwei unterschiedlichen Tumorzellarealen werden daher nach Anordnung und deren Form beurteilt und daraufhin einem von fünf Wachstumsmustern zugewiesen.2 Die nachfolgende Tabelle zeigt die jeweiligen Krebsgrade und für den Vergleich ebenso, wie gesundes Prostatagewebe aussieht.

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KnotenDrüsen
  • gewunden und verzweigt; dazwischen Bindegewebe und Muskulatur
  • scharf begrenzt
  • mittelgroß
  • dicht gepackt
  • gleichförmig
  • etwas weniger scharf begrenzt
  • lockerer und ungleichmäßiger als bei Grad 1
  • unscharf
  • klein und ungleichmäßig
  • eventuell kleine solide (örtlich festgesetzte) Bezirke
  • Tumorbereich unscharf
  • meist ohne Innenraum
  • verschmolzene Drüsen
  • solide Bezirke
  • Tumorbereich unscharf
  • keine klaren Drüsen
  • solide Bezirke
  • weitere Veränderungen

Wie geht es weiter?

Nachdem beide Proben jeweils von 1 bis 5 bepunktet worden sind, werden ihre Einzelwerte zusammengezählt. Daraus ergibt sich der Gleason Score von

  • mindestens 2 (1+1) und
  • maximal 10 (5+5).3

Ein niedriger Gleason Score bedeutet, der Tumor ist gering aggressiv. Hingegen wird einem Tumor mit einem hohen Gleason Score eine hohe Aggressivität zugeschrieben. Damit ist die Tendenz des befallenen Gewebes gemeint, sich weiter im Körper auszubreiten.

Tatsächlich werden Grad 1 und 2 bei Prostatakrebs nur äußerst selten diagnostiziert. In der Praxis beginnt der Gleason Score somit üblicherweise mit 6 (3+3).4

Eine Übersicht über die verschiedenen Werte des Gleason Scores gibt diese Grafik:

Grafische Darstellung der unterschiedlichen Werte des Gleason-Scores

Gleason Score: Wie wird eigentlich ausgewertet?


Abhängig davon, ob die gewonnenen Gewebeproben aus einer

  • (Stanz-)Biopsie oder
  • (Teil-)Entfernung der Prostata (Prostatektomie) stammen,

gibt es zwei verschiedene Regelwerke für die Berechnung des Gesamtwertes des Gleason Score.

Grundsätzlich sprechen Experten hierbei einerseits vom primären Muster, was immer denjenigen Grad widerspiegelt, der am häufigsten in den beurteilten Arealen des Tumors vorkommt. Dieser Wert wird auch immer zuerst genannt. Andererseits gibt es das sekundäre Muster, welches sich je nach Entnahmeart der Gewebeproben unterscheidet.

Stanzbiopsie

Im Falle einer sogenannten transrektalen Prostatastanzbiopsie wird die Darmwand und die Prostata des Patienten örtlich betäubt. Der Arzt führt dann eine Ultraschallsonde über den After in den Mastdarm ein. Im Inneren der Sonde befindet sich ein spezielles Gerät, das 10 bis 12 Gewebeproben aus verschiedenen Bereichen der Prostata ausstanzt, um ein möglichst sicheres Ergebnis zu erhalten.5 Jede der entnommenen Proben ist etwa 0,1 x 18 Millimeter groß.6 Um das Risiko einer Infektion durch Darmkeime zu verkleinern, beginnt der Patient am Vorabend damit, vorsorglich ein Antibiotikum über mehrere Tage einzunehmen. Der Eingriff erfolgt in der Regel ambulant.

Bei einer Stanzbiopsie wird bei der Ermittlung des sekundären Musters jenes Muster herangezogen, das am stärksten von gesundem Gewebe abweicht. Jedoch nur, wenn dieses schlechter ausfällt als das primäre, häufigste Muster.

Prostatektomie

Im Falle einer (Teil-) Prostataentfernung addiert der Arzt zur Berechnung des Gleason Scores das häufigste Muster (von 55 bis 95 Prozent7) zum zweithäufigsten (von 5 bis 45 Prozent8).

Das sekundäre Muster ist hier also nicht wie bei der (Stanz-)Biopsie das Muster mit der größten Abweichung zu normalem Prostatagewebe, sondern das zweithäufigste Muster.

Sonderfälle

Findet sich nur ein einziges Wachstumsmuster des Tumors unter dem Mikroskop, verdoppelt sich der Wert dieses Musters. 4+4 ergibt beispielsweise einen Gleason Score von 8.

Darüber hinaus kann es auch vorkommen, dass der Pathologe bei der Gewebeuntersuchung Zellen findet, die einen höheren Grad aufweisen, als es die häufigsten und zweithäufigsten gefundenen Zellmuster tun. In diesem Fall gibt der Experte diesen dritten Wert (tertiären Gleason) mit an bei der Auswertung.

Gleason Score: Wie ist die Prognose?

  • Gleason Score unter 7: Prognose eher günstig
  • Gleason Score über 7: Prognose eher ungünstig8

Benötigen Sie genauere Informationen zum Thema Prostatakrebs oder sind Sie auf der Suche nach einer professionellen Beratung? Beim Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. oder der Deutschen Krebshilfe wird Ihnen weitergeholfen. Dort stehen Ihnen nicht nur ein Beratungstelefon, sondern auch Adressen für Selbsthilfegruppen zur Verfügung. Weiterführende Informationen und aktuelle Entwicklungen (wie etwa neue Forschungsergebnisse) finden Sie unter Prostata-Hilfe-Deutschland.

Ergänzende Methoden zum Gleason Score


Prostatakrebs ist nicht gleich Prostatakrebs. Mediziner beziehen mehrere Faktoren in ihre Beurteilung und Einschätzung, wie die Heilungschancen stehen, mit ein. Neben dem Grading spielen die Folgenden eine Rolle:

  • PSA-Wert: Überschreitet der Wert des sogenannten Prostata-spezifischen Antigens (PSA) eine bestimmte Grenze oder steigt dieser über einen kürzeren Zeitraum auffallend schnell, kann dies auf ein Prostatakarzinom hinweisen.
  • TNM-Klassifikation: Die international angewendete Klassifikation (T = Tumor, N = Lymphknoten, M = Metastasen) teilt Krebserkrankungen – nicht nur Prostatakrebs – in Stadien ein.
  • Differenzierung des Tumors: Als eine weitere Möglichkeit für Mediziner, die Beschaffenheit eines Karzinoms im Vergleich zu gesunden Zellen zu bestimmen, dient die sogenannte „Differenzierung des Tumors”. Grundsätzlich geht die vierstufige Skala (G1 bis G4) hier von gut differenziert (Gewebeprobe weicht nur sehr geringfügig von normalem Gewebe ab) bis hin zu nicht differenziert (Gewebeprobe hat nichts mehr gemein mit normalem Gewebe).
  • Gesundheitszustand: Hinsichtlich der Bewertung der Chancen auf Genesung und auch bei der Wahl der Behandlungsmethoden, berücksichtigen die behandelnden Ärzte , in welchem generellen gesundheitlichen Zustand sich der Betroffene befindet. Dazu zählt beispielsweise auch, ob und in welcher Ausprägung Vorerkrankungen vorliegen.

Nachdem der Mediziner die Diagnose und Einstufung des Prostatakrebses vorgenommen hat, kann er mit der entsprechenden, individuellen Behandlung beginnen. Hier sind je nach Ausprägung des Krebsleidens verschiedene Therapieansätze möglich.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Jan Zimmermann Egal ob Video, Foto oder Text – Hauptsache die Kreativität kommt nicht zu kurz. Noch während seines Masterstudiums der Medienwissenschaften und der Arbeit als Multimedia Content Creator in München, entwickelte Jan Zimmermann eine Passion für das Schreiben. Seit 2018 lebt er diese als Medizinredakteur bei kanyo® aus. Jan Zimmermann Medizinredakteur und Medienwissenschaftler kanyo® mehr erfahren
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