Reizblase: Was ist das?

Eine Reizblase ist ein funktionelles Syndrom, das auch als „überaktive Blase“ bezeichnet wird. Betroffene verspüren einen ständigen, plötzlich auftretenden Harndrang und müssen oft urinieren, wobei die abgegebene Urinmenge jeweils nur sehr gering ist. Das Wasserlassen entspannt die Blase zwar kurzfristig, langfristig verringert sich jedoch ihr Speichervolumen und führt zu einer Verstärkung der Symptome.

Was ist eine Reizblase?


Die Reizblase ist eine Blasenfunktionsstörung, bei der keine organische Ursache ausgemacht werden kann. Sie wird auch als „hyperaktive“, „überaktive“ und „nervöse Blase“ oder Urethralsyndrom bezeichnet. Etwa 17 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, darunter mehr Frauen als Männer.1

„Du hast echt eine Konfirmandenblase!“

Eine Erklärungstheorie für diese Redewendung ist, dass Konfirmanden früher oft stundenlang im Konfirmationsunterricht saßen. Unter dem Vorwand, pinkeln zu müssen, verschwanden sie kurz nach draußen, um etwas abzuschalten. Heute unterstellt man die umgangssprachliche Konfirmandenblase daher jenen Menschen, die auffällig oft die Toilette aufsuchen. Ein Symptom, das tatsächlich auch auf Betroffene mit hyperaktiver Blase zutrifft.

Typische Beschwerden einer überaktiven Blase


Die Anzeichen der überaktiven Blase sind zum Teil schwer von denen eines Harnwegsinfektes (zum Beispiel einer Blasenentzündung) zu unterscheiden. Zu den Symptomen zählen

  • ständiger Harndrang,
  • plötzlich auftretender, starker Drang zu Urinieren,
  • häufiges Wasserlassen von geringen Urinmengen (Pollakisurie),
  • teils unfreiwilliger Verlust von Harn (Dranginkontinenz, eine Form der Inkontinenz),
  • nächtlicher Harndrang (Nykturie),
  • Nachträufeln und
  • Schmerzen nach Beendigung des Toilettengangs (durch Verkrampfung der Muskulatur).

Hinzu kommt häufig ein hoher Leidensdruck, der sich zum Teil in psychischen Problemen niederschlägt. Aus Angst vor einem Malheur halten sich viele Patienten lieber in der Nähe einer Toilette auf und vermeiden zum Beispiel größere Menschenmassen. Dieses Verhalten führt im Alltag mitunter zu starken Einschränkungen bis zu agoraphobischen Zuständen (Angst vor bestimmten Orten oder Situationen sowie Vermeidung dieser) und mindert die Lebensqualität merklich. Außerdem kann der Stress die Beschwerden noch verstärken – ein Teufelskreis.

Reizblase: Wann zum Arzt?

Viele Betroffene schämen sich für ihre Probleme mit der Blase und wollen mit niemandem darüber sprechen. Sie ziehen sich infolgedessen oft zurück, da sie Angst vor dem plötzlich einsetzenden Harndrang haben. Allerdings verschlimmert das die Symptome meist noch zusätzlich! Die Reizblase dauert in den meisten Fällen mindestens so lange an, wie sie nicht therapiert wird. Wenden Sie sich daher frühzeitig an einen Fachmann, damit dieser alsbald eine geeignete Behandlung einleiten kann.

Welche Ursachen sind möglich?


Der Begriff Reizblase dient im Grunde zur Beschreibung verschiedener Symptome, für die kein eindeutiger organischer Befund vorliegt. Allerdings geht man davon aus, dass eine Übererregbarkeit der Nerven eine der möglichen Ursache ist. Oft wird dies durch eine vorangegangene schmerzhafte Blasenentzündung oder bestimmte Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Diabetes mellitus ausgelöst. Die Folge ist ein schnelleres Zusammenziehen der Muskulatur der Blase – und damit verbunden ein ständiger Harndrang.

Weitere Faktoren stehen im Verdacht, ebenfalls eine überaktive Blase beim Mann zu begünstigen:

Dennoch muss für die überaktive Blase keine eindeutige Ursache vorhanden sein – was natürlich auch die Feststellung durch den Mediziner erschwert!

Durch Ausschluss: Die Diagnose der Reizblase


Da keine organische Ursache vorliegt und es sich nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern einen Symptomkomplex (Syndrom) handelt, wird die „überaktive Blase“ per Ausschlussverfahren festgestellt. Hierzu wird der Fachmann zunächst ein Anamnese-Gespräch führen, um genau zu erfassen, welche Probleme vorliegen. Dabei ist es wichtig, dass der Patient besonders ehrlich und genau schildert, welche Schwierigkeiten er hat.

Möglicherweise fragt der Mediziner in dieser Unterhaltung, ob Medikamente eingenommen werden und fordert dazu auf, ein Miktionstagebuch zu erstellen. Das ist ein Protokoll, in dem Trinkmenge und Zeitpunkt des Urinierens aufzuschreiben sind. Auch auf mögliche psychische Belastungen sollte der Arzt in dem Gespräch eingehen, da diese ebenfalls in Verbindung mit einer nervösen Blase stehen könnten.

Es folgen in der Regel körperliche Untersuchungen, bei denen beispielsweise die Gesundheit der Prostata überprüft und eine Infektion wie eine Blasenentzündung durch die Untersuchung des Urins ausgeschlossen werden. Möglicherweise kommt auch ein Ultraschall zur Untersuchung der Blase zum Einsatz, um einen Überblick über die Menge des Restharns, der nach dem Wasserlassen in der Blase zurückbleibt, zu erlangen. Bei dieser Gelegenheit sieht der Fachmann normalerweise auch nach, ob Blasensteine oder Tumore in dieser Gegend vorliegen. Sollte er nach dem Anamnese-Gespräch und der körperlichen Untersuchung keine organischen Ursachen feststellen, wird er in der Regel auf eine Reizblase schließen.

Wie kann man die Reizblase behandeln?


Hat der Mediziner eine hyperaktive Blase festgestellt, leitet er eine individuell zu den Beschwerden des Patienten passende Therapie ein. Diese richtet sich – sofern eine klare Ursache ausgemacht wurde – auf den Auslöser der Erkrankung. Das ist zum Beispiel bei einer immer wiederkehrenden Entzündung der Fall. Ist eine gutartige Prostatavergrößerung schuld an der gereizten Blase, kommen verschiedene Behandlungsmethoden wie zum Beispiel eine Operation infrage.

Wenn der Grund für die Beschwerden unklar bleibt, kann sich die Therapie langwierig gestalten und zielt in erster Linie darauf ab, die Symptome der hartnäckigen Reizblase zu mildern. Das kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Zu den möglichen Methoden zählen:

  • Verhaltenstherapie: In einem Miktions-Tagebuch notiert der Patient sein Trink- und Toilettenverhalten. Dies dient als Grundlage für die Erarbeitung von Strategien zur Verzögerung des Urinierens. Deren Ziel es ist, dem Betroffenen wieder ein realistisches Gefühl für das Fassungsvermögen seiner Blase zu vermitteln.
  • Physiotherapie: Durch Beckenbodentraining können Betroffene erlernen, den Urin durch Muskelanspannung bewusst zurückzuhalten. Auch Elektrotherapie soll dabei helfen, die Muskulatur in diesem Bereich zu stärken.
  • Medikamente: Gelegentlich kommen sogenannte Anticholinergika bei der Therapie zum Einsatz. Sie bewirken in der Regel, dass die Kapazität der Blase wieder zunimmt und verringern damit die Häufigkeit des Urinierens. Insbesondere eine Behandlung mit Medikamenten sollte stets in Absprache mit einem Mediziner erfolgen!
  • Botulinumtoxin: Das Nervengift – besser bekannt als Botox – wird bei einem minimalinvasiven Eingriff in die Blasenmuskulatur gespritzt, um eine Entspannung zu bewirken. Diese Option ist allerdings umstritten.
  • Blasenschrittmacher: Oft sind mit der Blase verbundene Nerven, die Fehlinformationen an das Gehirn vermitteln, die Ursache. Sie vermelden dann bereits frühzeitig, dass die Blase voll ist, obwohl noch Kapazität vorhanden wäre. In diesem Fall kann ein Blasenschrittmacher die Situation verbessern. Er wird in der Nähe dieser Nerven implantiert und wirkt durch kaum spürbare elektronische Impulse der Fehlfunktion entgegen.
  • Operation: Bei einer besonders hartnäckigen Reizblase zeigt möglicherweise keine der bisher erwähnten Therapieoptionen einen Erfolg. In diesem Fall könnte nach Absprache mit einem Facharzt eine operative Vergrößerung der Blase (zum Beispiel durch Darmanteile) in Betracht gezogen werden.

Auch alternative Ansätze wie Homöopathie zählen zu den Behandlungsmethoden, die infrage kommen. Literaturquellen empfehlen hierfür die Einnahme der Globuli (Streukügelchen) Argentum nitricum D12, Equisetum arvense D6 oder Pulsatilla pratensis D12.2

Welche Getränke bei Reizblase?

Es kann bereits helfen, auf bestimmte harntreibende Getränke zu verzichten, um nicht mehr so oft auf die Toilette zu müssen. Insbesondere vor dem Schlafengehen sollten die folgenden nicht getrunken werden:

  • Schwarzer Tee
  • Grüner Tee
  • Brennnesseltee
  • Birkenblättertee
  • Bier
  • Kaffee

Viele Patienten verringern die Flüssigkeitszufuhr in der Hoffnung, dann auch seltener Wasser lassen zu müssen. Dabei ist es wichtig, dass Patienten trotz Angst vor dem starken Harndrang ausreichend Flüssigkeit – also rund 1,5 Liter3 – trinken! Am besten eignet sich hierfür stilles Mineralwasser.

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Lisa Küffner Dr. House, Grey´s Anatomy und Co.: Medizinische Themen begegneten Lisa Küffner in ihrem Studium der Medienwissenschaft eigentlich nur in Form von Serien oder Filmen. Dennoch begeisterte sie sich so sehr dafür, dass sie während und nach ihrem Masterstudium als Medizinredakteurin arbeitete. Sie war bis 2020 Teil des kanyo®-Teams und entwickelt neben der redaktionellen Arbeit auch Webseitenkonzepte. Lisa Küffner Medizinredakteurin und Medienwissenschaftlerin kanyo® mehr erfahren
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