Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Kryokonservierung: 

Für wen kann Krykonservierung sinnvoll sein?

Meist sind es Patienten, die sich onkologischen Therapien, also Behandlungen infolge von Tumorerkrankungen, unterziehen müssen. Chemo-, Strahlen-  und  Hormontherapien können die Samenzellen und somit die Fruchtbarkeit  vorübergehend oder dauerhaft schädigen. Mithilfe der Kryokonservierung besteht die Möglichkeit, trotzdem eine Familie zu gründen beziehungsweise diese zu erweitern.

Können auch Minderjährige eine Kryokonservierung durchführen lassen?

Ja, eine untere Altersgrenze besteht nicht. Allerdings müssen Kinder und Jugendliche von einem Sorgeberechtigten begleitet werden. 

Was kostet eine Kryokonservierung? 

Für die Voruntersuchung und Kryokonservierung werden etwa 300 bis 500 Euro berechnet, hinzu kommen monatliche Lagerungkosten sowie einmalig circa 500 Euro für das Auftauen der Spermien. Insgesamt dürften sich die Kosten somit etwa auf einen niedrigen vierstelligen Bereich belaufen. Doch bitte beachten Sie: Die Preisangaben sind Orientierungswerte, sie können variieren. Informieren Sie sich bei Ihrem behandelnden Arzt über die genauen Kosten.1,10

Übrigens: Voraussichtlich ab Spätsommer 2021 besteht für Männer bis 50 Jahre die Möglichkeit, dass die Krankenkasse die Kosten trägt.1,2 Ein Facharzt muss bestätigen, dass die bevorstehende Krebsbehandlung potenziell keimzellschädigend ist.3

Kommen die gesetzlichen Krankenkassen auch für die Kosten der anschließenden künstlichen Befruchtung auf?

Sie übernehmen die Hälfte der Kosten für maximal drei Versuche.Allerdings sind daran einige Voraussetzungen geknüpft, die es zu erfüllen gilt. Unter anderem muss das Paar verheiratet sein, es muss eine prinzipielle Erfolgsaussicht geben und die Frau muss zwischen 25 und 40, der Mann zwischen 25 und 50 Jahre alt sein.2

Wie lange sind eingefrorene Spermien haltbar?

Durch die Lagerung in einem Depot mit flüssigem Stickstoffdampf sind die Proben so gut wie unbegrenzt haltbar.4

So läuft die Kryokonservierung ab


Ihr behandelnder Arzt führt vorab ein ausführliches Beratungsgespräch. Hat dieses und eine Blutabnahme zur Untersuchung auf Infektionskrankheiten wie Hepatitis C oder HIV/AIDS stattgefunden, geben Sie eine Samenprobe ab. Dazu stehen diskrete Räume im Klinikum oder der Praxis zur Verfügung. Wenn Sie sich noch mehr Privatsphäre wünschen, erhalten Sie im Vorfeld ein geeignetes Transportgefäß von der Klinik/Praxis. So können Sie das gewonnene Ejakulat direkt von zu Hause mitbringen. Allerdings dürfen zwischen der Abgabe des Ejakulats und der mikroskopischen Untersuchung und Beurteilung der Spermaprobe (Spermiogramm) nicht mehr als 60 Minuten verstreichen.5

Zu beachten:

Vor einer anstehenden Untersuchung des Ejakulats ist zudem eine sexuelle Enthaltsamkeit – also kein Geschlechtsverkehr und keine Selbstbefriedigung – von 3 bis 5 Tagen erforderlich.5 Abhängig von der Qualität und Quantität des Ejakulats kann es notwendig sein, bis zu drei Samenproben abzugeben.6

Von folgender Frage hängt nun das weitere Vorgehen ab: 

Enthält das untersuchte Ejakulat vitale Samenzellen?

Ejakulat enthält Samenzellen: Spermien einfrieren

Nach Erstellung des Spermiogramms wird dem Sperma ein spezieller Stoff zugesetzt, der als Gefrierschutz fungiert. Erst dann erfolgen das Einfrieren und Einlagern in bis zu minus 196 Grad flüssigem Stickstoff.7 

Ejakulat enthält keine Samenzellen: Biopsie des Hodengewebes

Liegt eine sogenannte Azoospermie vor oder leidet der Mann an einem Samenleiterverschluss, sind keine Spermien im Ejakulat enthalten. Das Augenmerk der Mediziner gilt dann dem  Hodengewebe: Mittels eines ambulanten, chirurgischen Eingriffs werden 2 bis 3 stecknadelgroße Gewebeproben aus jedem Hoden gewonnen und auf Spermien untersucht.8 Den Eingriff zur Gewinnung von Hodengewebe nennen Mediziner testikuläre Spermienextraktion (TESE). Weisen die Proben vitale Spermien auf, wird das Gewebe für die spätere Spermiengewinnung kryokonserviert.

Sind keine Spermien im Hodengewebe, besteht für den Mann keine Möglichkeit, Kinder zu zeugen. Falls das Paar möchte, kann es sich in einem Kinderwunschzentrum hinsichtlich einer Behandlung mit Spendersamen beraten lassen.

Für wen kommt eine Kryokonservierung infrage?


Es gibt einige Umstände, die die Fruchtbarkeit des Mannes gefährden, mit der Folge, dass der Mann auf natürlichem Wege keine Kinder mehr zeugen kann. Im Vordergrund stehen hierbei Krebserkrankungen wie Prostatakrebs, HodenkrebsBlasenkrebs, Leukämien beziehungsweise die anschließenden, (potenziell) fertilitätsschädigenden Behandlungen, beispielsweise: 

Nicht selten muss nach gestellter Krebsdiagnose zügig mit der Therapie begonnen werden. Trotzdem sollte die Kryokonservierung aufgrund des potenziell mutagenen (erbgutändernden) Risikos der Krebsbehandlung (beispielsweise Chemo- oder Strahlentherapie) auf die Spermatozoen noch vor Therapiebeginn durchgeführt werden.9 Einen Termin für das Einfrieren der Spermien erhalten Sie normalerweise innerhalb weniger Tage.10  

Darüber hinaus können weitere Erkrankungen und Behandlungen die Fruchtbarkeit dauerhaft beeinträchtigen, zum Beispiel Immunsuppression …  

  • … bei Autoimmunerkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen (zum Beispiel Colitis ulcerosa),  
  • … nach Organtransplantationen. 

Nicht immer sind es Krankheiten, die Männer dazu bewegen, Spermien einfrieren zu lassen. Ist die Familienplanung (vermeintlich) abgeschlossen oder möchten Männer keine Kinder zeugen, können Sie sich einer Vasektomie unterziehen, bei der die Samenleiter durchtrennt werden, damit keine Spermien mehr ins Ejakulat übergehen. Doch Lebensumstände und -pläne können sich ändern, zum Beispiel besteht möglicherweise nach dem Aufbau einer neuen Partnerschaft ein erneuter Kinderwunsch. Um „vorzusorgen“ ist es mitunter sinnvoll, vor der Vasektomie per Kryokonservierung eine Zeugungsreserve anzulegen.

Um zu einem späteren Zeitpunkt auf eingefrorene Spermien zurückgreifen zu können, entscheiden sich auch einige Personen mit Transidentität vor der Geschlechtsanpassung zu diesem Schritt. 

Auch, wenn der Mann beruflich viel reist, da er beispielsweise als Soldat im Ausland stationiert ist, kann im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung das Einfrieren von Sperma infrage kommen.

Samenspende nach dem Tod?

Erliegt der Patient seiner Erkrankung oder stirbt er im Auslandseinsatz, stellen sich Paare möglicherweise im Vorfeld die Frage, ob die künstliche Befruchtung mit den eingefrorenen Spermien des Verstorbenen trotzdem durchgeführt werden darf. In Deutschland ist dies jedoch illegal.11

Erfolgsaussichten: Dank Kryokonservierung (noch einmal) Vater werden?


Ob der Versuch der künstlichen Befruchtung mit kryokonservierten Spermien erfolgreich in einer Schwangerschaft endet, ist von einigen Parametern abhängig, nicht zu vergessen auch von fertilitätsrelevanten Faktoren der Frau (wie dem Lebensalter). Grundsätzlich hängt die Art der künstlichen Befruchtung von Anzahl und Beweglichkeit der aufgetauten Spermien ab. Die Schwangerschaftsraten unter Verwendung kryokonservierter Spermien werden in der Fachliteratur mit 17 bis 42 Prozent angegeben.12 Die größtmöglichen Chancen bestehen dabei mittels In-vitro-Fertilisation/Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF/ICSI). Während bei der IVF die Spermien in einem Reagenzglas den Weg selbst zu den entnommenen weiblichen Eizellen finden, spritzt der Arzt bei der ICSI das erfolgversprechendste Spermium direkt in die Eizelle.

Macht es einen Unterschied, ob eingefrorene Spermien verwendet wurden?

Experten gehen davon aus, dass die Erfolgsraten einer künstlichen Befruchtung mit kryokonservierten Spermien in etwa so hoch sein dürften, wie bei einer IVF/ICSI ohne kryokonservierte Spermien.13

Gibt es genetische Risiken bei der Verwendung eingefrorener Spermien?


Tatsächlich lässt sich nicht gänzlich ausschließen, dass die Befruchtung mit kryokonservierten Spermien mit einem potenziellen genetischen Risiko verbunden ist. Erklärbar ist dies zum einen mit der Grunderkrankung (schon vor Behandlungsbeginn des Krebses vermehrt Spermien mit DNA-Schäden), den Behandlungen wie Chemo- und Strahlentherapie, der Kryokonservierung selbst und dem Verfahren der künstlichen Befruchtung. Der Querschnitt der aktuellen Studienlage zeigt jedoch kein erhöhtes Risiko genetischer Schäden, sprich beispielsweise ein Kind mit Behinderung zu bekommen.12 Eine Studie weist auf ein geringfügiges Risiko für Malformationen (Missbildungen) hin.14  

Reden Sie offen mit Ihrem behandelnden Arzt 

Bei Bedenken hinsichtlich möglicher Risiken für das Baby scheuen Sie sich nicht, nach einer genetischen Beratung zu fragen. In einem ausführlichen Gespräch werden unter anderem persönliche Hintergründe wie (Krebs-)Erkrankungen berücksichtigt. 

Das könnte Sie auch interessieren:
Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen