Was ist eine Harnröhrenstriktur?

Eine Harnröhrenverengung – auch Harnröhrenstriktur genannt – ist eine angeborene oder erworbene Verengung der Harnröhre, von der Männer häufiger als Frauen betroffen sind.1 Sie macht sich vor allem durch Blasenentleerungsstörungen wie Schmerzen beim Wasserlassen oder einen schwachen Harnstrahl bemerkbar. Die Therapie hängt von verschiedenen Faktoren ab und erfolgt meist in Form einer Operation.

Wie entsteht eine Harnröhrenverengung?


Es gibt verschiedene Auslöser für eine Verengung der Harnröhre. Fachleute unterscheiden dabei, ob die Striktur angeboren ist oder im Laufe des Lebens erworben wurde. Letztere Form kommt häufiger vor.2 Vor allem Verletzungen der Harnröhre, die narbig verheilen, zählen zu den Ursachen. Dabei sind es nicht nur stumpfe, größere Blessuren, die eine narbige Verengung bewirken. Auch Mikrotraumata (kleinste Verletzungen) sind manchmal verantwortlich dafür. Eine Harnröhrenstriktur kann zum Beispiel durch

  • einen Blasenkatheter,
  • eine Blasenspiegelung,
  • eine transurethrale Prostataresektion (TUR-P) (Operation, bei der Gewebe in der Prostata über die Harnröhre entfernt wird),
  • Entzündungen der Harnwege (zum Beispiel im Rahmen einer Geschlechtskrankheit wie Tripper),
  • einen Beckenknochenbruch oder
  • Fahrradstangenunfälle

verursacht werden. Besonders schwere Folgen ziehen oft auch Beckenfrakturen (Knochenbrüche) zum Beispiel bei einem Unfall nach sich. Es ist dann möglich, dass es durch die starke Einwirkung zu einem Harnröhrenabriss von der Blase oder Prostata kommt.

Wenige Betroffene haben eine angeborene Verengung. Dazu zählen beispielsweise Falten in der Harnröhrenschleimhaut, sogenannte Harnröhrenklappen, die eine Einengung bewirken und bereits bei der Geburt vorhanden sind.

Woran erkennt man eine Harnröhrenverengung?


Anzeichen der Striktur äußern sich je nach Ausprägung der Enge recht unterschiedlich und können kaum wahrnehmbar bis schmerzhaft für den Betroffenen sein. Oft bemerken es Patienten jedoch zuerst anhand des veränderten Harnstrahls. Dieser ist durch die Verengung zum Beispiel

  • gefächert oder
  • unterbrochen.

Das Wasserlassen ist unter diesen Umständen mitunter erschwert und schmerzhaft. Bei starken Verengungen kommt es sogar vor, dass der Patient den Urin regelrecht herauspressen muss. Oft treten noch weitere Beschwerden auf, wie beispielsweise:

Letztendlich kann auch ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten, wenn gar kein Urin mehr durch die Harnröhre abfließt (Harnverhalt). Neben starken Unterbauchschmerzen hat dies noch weitere schwerwiegende Folgen: Der Urin kann sich bis zu den Nieren stauen, was schließlich zum Nierenversagen führt. Eine Behandlung sollte in diesem Fall unverzüglich begonnen werden.

Auf diese Erkrankungen könnten Ihre Symptome ebenfalls hindeuten:

Wie wird die Verengung der Harnröhre festgestellt?


Erkennen Sie Symptome einer Harnröhrenverengung bei sich, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Als erster Ansprechpartner gilt der Hausarzt, der Fachmann ist allerdings der Urologe. Dieser kann die genaue Ursache abklären und eine geeignete Therapie einleiten. Zunächst führt er dazu ein Anamnese-Gespräch, um den Patienten zur Krankengeschichte und Beschwerden zu befragen. Oft folgt darauf ein Urintest, mithilfe dessen mögliche Infektionen erkannt oder ausgeschlossen werden.

Der Mediziner überprüft dann mittels Harnstrahlmessung (Uroflowmetrie), ob der Urin beim Wasserlassen gleichmäßig austritt oder irgendwelche Probleme vorhanden sind. Hierzu kommt ein Sensor zum Einsatz, der die abgegebene Menge des Urins im Verhältnis zur Geschwindigkeit des Urinierens erfasst. Dieses Gerät bedient in der Regel der Patienten selbst, sodass eine Messung auch ungestört und ohne ärztliche Unterstützung möglich ist. Eine verlängerte Miktionszeit (Zeit des Wasserlassens) bei einem niedrigen, relativ gleichbleibenden maximalen Urinfluss (sogenannte Plateauphase) weist auf eine Engstelle in der Harnröhre hin. Anschließend kann durch einen Ultraschall überprüft werden, ob sich noch Restharn in der Harnblase befindet, der ebenfalls ein Indiz für eine Engstelle ist.

Um den genauen Standort der Verengung zu lokalisieren, wird ein Kontrastmittel durch die Harnröhrenöffnung in die Harnröhre gespritzt, das die problematischen Stellen bei einer Röntgenaufnahme erkennbar macht. Auch eine Harnröhren- oder Blasenspiegelung sind denkbare Möglichkeiten, der Harnröhrenstriktur auf die Schliche zu kommen.

Was tun bei einer Harnröhrenverengung?


Hat der Urologe eine solche Striktur diagnostiziert, leitet er – unter Beachtung der individuellen Umstände seines Patienten – die Therapie ein. Die Länge und Lage der Engstelle, aber auch bisherige Behandlungen und andere Erkrankungen, haben einen Einfluss auf die Wahl der Behandlungsform. Diese ist in den meisten Fällen operativ und sollte von einem erfahrenen Chirurgen – idealerweise in einem spezialisierten Zentrum – durchgeführt werden. Es stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:

  • Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie)
    Bei einer sogenannten Schlitzung wird endoskopisch (Technik, mit der Hohlräume untersucht und operiert werden) mittels Messer oder Laser die vernarbte Engstelle in der Harnröhre kontrolliert gespalten und anschließend für kurze Zeit mit einem Katheter fixiert, um das Lumen (innerer Hohlraum der Röhre) zu vergrößern. Diese Operation eignet sich insbesondere bei kürzeren Verengungen im hinteren Bereich der Harnröhre und erfolgt unter Voll- oder Rückenmarksnarkose im Rahmen eines kurzen Krankenhausaufenthaltes. Leider ist das Verfahren Schätzungen zufolge nur bei etwa jedem zweiten Patienten erfolgreich.1 Die Vernarbung des Gewebes wird durch diese Methode nicht beseitigt und kann sich durch wiederholte Eingriffe weiter ausbreiten. Daher lautet die Empfehlung oft, die Schlitzung nur maximal dreimal durchzuführen und – falls keine Besserung eintritt – eine andere Option in Betracht zu ziehen.3
  • End-to-End Anastomose
    Es handelt sich hierbei um eine offene Operation, bei der die Engstelle entfernt und die beiden übrig gebliebenen Enden miteinander vernäht werden. Dieser Eingriff eignet sich für kurze Teilabschnitte (weniger als 1,5 Zentimeter) im hinteren Bereich der Harnröhre.3
  • Harnröhrenrekonstruktion
    Auch diese Therapiemöglichkeit beinhaltet eine Operation und kommt zum Einsatz, wenn der entfernte Harnröhrenanteil so groß ist, dass die beiden verbliebene Enden nicht miteinander vereinigt werden können. Das fehlende Stück muss in diesem Fall durch Gewebe ersetzt werden, das in der Regel der Patient selbst spendet. Dafür eignen sich zum Beispiel gestielte (mitsamt Nerven und blutversorgenden Gefäßen) Penishautlappen aus der Vorhaut oder Transplantate, die aus der Mundschleimhaut gewonnen werden. Zum Einsatz kommt diese Operation vor allem, wenn die Harnröhrenstriktur im vorderen Bereich liegt.3 Die Erfolgsaussichten sind bei der Harnröhrenrekonstruktion mit 80 bis 95 Prozent relativ hoch, sie sollte jedoch ausschließlich von einem Experten durchgeführt werden.1
  • Harnröhrenaufdehnung (Bougierung)
    Das Ziel dieser nicht operativen Methode besteht darin, die Harnröhre mittels Katheter zu dehnen. Der Effekt ist allerdings nur kurzfristig, was dazu führt, dass die Aufdehnung nach einiger Zeit wiederholt werden muss. Außerdem besteht bei der Durchführung das Risiko weiterer kleiner Verletzungen in der Harnröhre, die die Situation verschlechtern. Diese Therapieform wird daher nicht oft angewendet, beispielsweise nur dann, wenn eine Operation nicht infrage kommt.
  • Harnröhrenstent
    Ein Stent kommt für die Therapie der Harnröhrenenge nur selten zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein Röhrchen aus Metall oder Kunststoff, das der Chirurg endoskopisch innerhalb der Harnröhre platziert. Es stützt die Harnröhre und ermöglicht eine Vergrößerung der Engstelle. Oft führt ein Stent jedoch zu Entzündungen und erzielt im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden langfristig weniger gute Ergebnisse.

Harnröhrenverengung operiert: Wie lange muss ich nun im Krankenhaus bleiben?

In der Regel bleiben Patienten bei offenen Operationen einer Harnröhrenstriktur etwa fünf Tage im Krankenhaus. Sie erhalten nach der Operation einen Katheter, der ein bis zwei Wochen nach der Entlassung in ambulanter Behandlung entfernt wird.3

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Lisa Küffner Dr. House, Grey´s Anatomy und Co.: Medizinische Themen begegneten Lisa Küffner in ihrem Studium der Medienwissenschaft eigentlich nur in Form von Serien oder Filmen. Dennoch begeisterte sie sich so sehr dafür, dass sie während und nach ihrem Masterstudium als Medizinredakteurin arbeitete. Sie war bis 2020 Teil des kanyo®-Teams und entwickelt neben der redaktionellen Arbeit auch Webseitenkonzepte. Lisa Küffner Medizinredakteurin und Medienwissenschaftlerin kanyo® mehr erfahren