Im Überblick: Asexualität…

  • …beschreibt das Nicht-Vorhandensein von sexueller Lust und/oder Anziehung.
  • …unterscheidet sich in der individuellen Ausprägung.
  • …lässt sich nicht auf bestimmte Ursachen zurückführen.
  • …ist keine Krankheit und muss daher nicht behandelt werden.

Was ist Asexualität und wie zeigt sie sich?


Eine medizinische Definition für Asexualität gibt es nicht. Generell verstehen Personen darunter das vollständige oder teilweise Nicht-Vorhandensein von sexuellem Verlangen (Störung der Libido) und/oder der sexuellen Anziehung gegenüber anderen Menschen.

Ein Betroffener ist dann asexuell, wenn er sich selbst so einstuft. Grundsätzlich stimmt es nicht – was viele vielleicht denken – dass Asexuelle Angst oder Ekel vor Sex haben. Vielmehr sehnen sie sich einfach nicht danach. Experten stufen die Asexualität als eine Form der nicht bewusst gewählten, sexuellen Orientierung ein.

Woher kommt die Bezeichnung asexuell?

Lange Zeit beschrieb der Begriff Asexualität lediglich den ungeschlechtlichen Vermehrungsprozess im Pflanzenreich und bei Einzellern. Das veränderte sich zum Ende der 1990er Jahre, als im Internet zum ersten Mal das Wort Asexualität aufkam. Menschen erklärten damit ihre sexuellen Erfahrungen beziehungsweise, dass sie sich weniger für Geschlechtsverkehr interessieren würden als andere Personen.1

Mehrere Arten von Asexualität


Asexualität kommt in verschiedenen Formen vor und ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Generell unterscheiden Experten vier Typen:

  • Typ A: Sexualtrieb, aber keine Anziehung. Diese Menschen wissen, dass Geschlechtsverkehr theoretisch ein gutes Gefühl auslösen könnte, sie sehen darin jedoch keinen Grund, diesen mit anderen zu haben.
  • Typ B: Anziehung, aber kein Sexualtrieb. Diese Betroffenen fühlen sich intellektuell, geistig oder emotional zu anderen hingezogen. Sie können normale Liebe empfinden und durchaus körperliche Nähe, Kuscheln oder Küssen genießen. Allerdings haben sie aufgrund der geringen Libido nicht den Wunsch, mit dem Partner Geschlechtsverkehr auszuüben.
  • Typ C: Sexualtrieb und Anziehung. Diese Personen verspüren eine gewisse Erregung und haben grundsätzlich Interesse an sexueller Interaktion. Häufig empfinden sie Masturbation als angenehm. Gleichzeitig sind sie in der Lage, tiefere Gefühle zu entwickeln. Sex mit dem Partner kommt jedoch nicht infrage, da sie darin eine Herabwürdigung des Lebensgefährten sehen würden.
  • Typ D: kein Sexualtrieb und keine Anziehung. Für diese Menschen ist Sex etwas Unangenehmes. Zwar können sie, im Rahmen von Freundschaften, emotionale Bindungen aufbauen, allerdings sind sie außer Stande, sich zu verlieben. Oft sehen diese Betroffenen zudem keinen Sinn in der Liebe.

Auch wenn diese Unterteilung einen groben Überblick gibt, so ist es doch unmöglich, jeden asexuellen Menschen einfach in eines dieser Raster einzuordnen. Abweichungen und Mischformen sind durchaus denkbar.

Welche Ursachen kommen für Asexualität in Frage?


Es gibt keine speziellen Gründe oder Auslöser für die fehlende Libido und Anziehungskraft. Experten vermuten, dass

  • die sexuelle Orientierung angeboren ist,
  • während der Pubertät zum Vorschein kommt und
  • das ganze Leben lang bestehen bleibt.

Gut zu wissen: Es handelt sich nicht um eine sexuelle Funktionsstörung, beispielsweise eine Errektionsstörung.

Außerdem besteht für die mangelnde Lust in der Regel kein hormoneller Auslöser (zum Beispiel Testosteronmangel). Asexuelle sind meist vollkommen gesund. Die Annahme, dass Asexualität durch körperlichen oder seelischen Missbrauch entstehen könnte, ist nicht belegt.

Des Weiteren ist Asexualität – wie mancher glaubt – keine Form von unterdrückter Homosexualität. Und zudem nicht das Ergebnis eines leichten Zurückhängens der pubertären Entwicklung im Vergleich zu anderen Altersgenossen.

Asexualität – wie verbreitet ist diese sexuelle Orientierung?

Experten schätzen den Anteil der Asexuellen in der deutschen Bevölkerung auf etwa ein Prozent.1 Eine genaue Zahl liegt jedoch nicht vor, da Asexualität selbstdefiniert nur schwer zu erfassen ist. Auch ob mehr Frauen oder Männer betroffen sind, ist unklar.

Was tun gegen Asexualität?


Asexualität ist keine Krankheit. Daher kann und muss sie nicht geheilt oder behandelt werden. Oft verspüren Betroffene aufgrund ihres mangelnden Verlangens keinen primären Leidensdruck – sie haben nicht den Wunsch, etwas in ihrem Leben zu verändern.

Vielmehr sind es Probleme im sozialen Umfeld oder bei der Partnersuche, die ihnen Sorgen bereiten. Denn selbst wenn Asexuelle nicht das Bedürfnis nach Sex haben, so können viele doch romantische Gefühle entwickeln und sehnen sich nach einer Partnerschaft. Doch einen Lebensgefährten zu finden, der keinen Wert auf sexuelle Aktivitäten legt, ist meist schwierig.

Für dieses Problem gibt es zum Beispiel besondere Partnervermittlungen, ausgelegt auf asexuelle Menschen, die dabei helfen sollen, einen passenden Menschen zu finden. Außerdem besteht für Betroffene die Möglichkeit, sich über Probleme, Ängste oder Sorgen in Selbsthilfegruppen oder anonymen Internetforen auszutauschen und dort Kontakte zu knüpfen.

Ist die Beziehung zwischen einer asexuellen und einer nicht-asexuellen Person möglich? Grundsätzlich ja, auch wenn es sich vielleicht schwierig gestaltet. Der Partner des Asexuellen muss verstehen, dass Sex und Liebe beziehungsweise emotionale Verbundenheit sowie Intimität, zwei verschiedene Dinge für seinen Lebensgefährten sind.

Damit solch eine Beziehung funktioniert, ist Kommunikation besonders wichtig. Ein Sexual- oder Paartherapeut kann hier als Außenstehender vermitteln.

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Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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