Ab wann ist es zu früh?
Im Durchschnitt kommen Männer etwa sechs Minuten nach dem Eintritt mit dem Penis in die Vagina zum Höhepunkt.1 Manche sind jedoch in der Lage, den Samenerguss länger zurückhalten – andere wesentlich kürzer. Experten definieren eine vorzeitige Ejakulation, wenn es ein bis zwei Minuten nach dem Eindringen des Glieds (oder schon davor) zum Samenerguss kommt.1
Gleichzeitig zeichnet sich das Problem für Betroffene dadurch aus, dass sie das Gefühl haben, ihren Samenerguss nicht ausreichend kontrollieren zu können. Ein weiteres Merkmal ist, dass beide Partner den Sex als unbefriedigend empfinden. Stufen die Parteien den Geschlechtsverkehr als zufriedenstellend ein, ist ein frühzeitiger Samenerguss kein Problem.
Typischerweise tritt ein frühzeitiger Samenerguss in diesen Situationen auf:
- Eindringen des Penis in die Vagina
- Streicheln, Küssen und Berühren
- der reine Anblick eines (nackten) attraktiven Partners
- sexuell anregende Fantasien
In welchem Moment ein Mann ejakuliert, ist verschieden und unter anderem von seinen persönlichen sexuellen Vorlieben abhängig.
Ist ein Samenerguss mit einem Orgasmus gleichzusetzen?
Nein. Tatsächlich ist es oft so, dass der sexuelle Höhepunkt und die Ejakulation gleichzeitig geschehen. Jedoch kann auch beides getrennt voneinander auftreten – also beispielsweise ein Orgasmus ohne Samenerguss oder ein Samenerguss ohne Orgasmus.
Der vorzeitige Samenerguss ist ein häufiges sexuelles Leiden bei Männern, dass die meisten schon einmal erlebt haben. Soweit ist das nicht weiter schlimm. Problematisch wird es jedoch, wenn das frühe Ejakulieren nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. In diesem Fall sollten mögliche Gründe dafür in Betracht gezogen werden, um gegebenenfalls eine passende Behandlung einzuleiten.
Welche Ursachen gibt es für eine vorzeitige Ejakulation?
Generell unterscheiden Experten bei der Ejaculatio praecox die primäre und die sekundäre Form.2
- Bei der primären Form kommt es bei betroffenen Männern bereits bei den allerersten sexuellen Kontakten, unabhängig vom Partner oder der Situation, zum vorzeitigen Orgasmus – häufig bleibt sie ein Leben lang erhalten.
- Die sekundäre oder erworbene Form tritt dagegen im Lauf des Lebens bei Menschen auf, die zuvor keine Probleme mit der Ejakulation hatten. Sie hat meist eine spezielle Ursache (zum Beispiel Angst) und kann – wenn der Auslöser behandelt wird – wieder verschwinden.
Während man früher davon ausging, dass ein vorzeitiger Samenerguss hauptsächlich psychische Ursachen hat, ist mittlerweile klar, dass das Phänomen komplexer ist. Die genauen Ursachen sind noch nicht geklärt, es wird jedoch vermutet, dass psychische, biologische und neurobiologische Faktoren zusammenspielen.
Als Ursache für die primäre vorzeitige Ejakulation wird vor allem das Hormon Serotonin, einem wichtigen Neurotransmitter beim Ejakulationsvorgang, vermutet. Möglicherweise liegt eine genetisch bedingte Störung im Serotonin-System vor, die zu einem frühzeitigen Samenerguss führt.2
Dem gegenüber kann die sekundäre Form als Begleiterscheinung anderer Erkrankungen auftreten, beispielsweise infolge einer erektilen Dysfunktion.2 Auch bestimmte Risikofaktoren kommen für die Entstehung einer sekundären Ejaculatio praecox infrage, beispielsweise:
- Entzündung der Harnröhre
- Funktionsstörung der Schilddrüse, die Einfluss auf die Hormonproduktion hat
- Prostataentzündung (Prostatitis)
Weiterhin können psychische Aspekte eine Ejaculatio praecox begünstigen. Vor allem große Aufregung (zum Beispiel beim ersten Geschlechtsverkehr) kann zu einer kaum kontrollierbaren Ejakulation führen. Ist Nervosität der Grund für das Problem, verschwindet es in der Regel mit zunehmender sexueller Erfahrung der betroffenen Männer.
Viele Menschen fühlen sich beim Geschlechtsakt jedoch auch großem Druck ausgesetzt, da sie befürchten, den Partner nicht ausreichend zu befriedigen. Diese Angst im Kopf führt dazu, dass der Betroffene beim Sex angespannt ist, wodurch eine vorzeitige Ejakulation noch wahrscheinlicher wird.
Der Druck steigt mit jedem Zwischenfall
Können Männer ihren Höhepunkt nicht kontrollieren, entsteht daraus nicht selten ein Teufelskreis: Kam es einmal zum frühen Samenerguss, erzeugt das Druck, Anspannung und Stress beim nächsten Geschlechtsakt. Diese psychische Belastung kann dann erneut der Grund für einen schnellen Samenerguss sein – die Belastung wird noch größer.
Wie verhindere ich einen zu frühen Samenerguss?
Die Benutzung eines Kondoms schützt Sie nicht nur vor Geschlechtskrankheiten und verhindert eine ungewollte Schwangerschaft, sondern kann auch eine zu starke Stimulation des Glieds unterbinden, da kein
direkter Körperkontakt besteht und manche Betroffene dadurch weniger sensibel reagieren. Des Weiteren hilft es einigen Männern, direkt vor dem Sex zu Masturbieren, um einen weiteren Samenerguss hinauszuzögern. Zudem wird vermutet, dass sich Sport positiv auf eine Ejaculatio praecox auswirkt. Obwohl das nicht belegt ist, kann es für Betroffene einen Versuch wert sein, im Alltag auf mehr Aktivität zu setzen – denn von mehr körperlicher Betätigung profitiert der ganze Körper.
Darüber hinaus gibt es spezielle Methoden, mit denen eine Verzögerung des Samenergusses möglich sein soll. Zu diesen gehören:
- die Squeeze-Technik,
- die Zeitlupen-Technik und
- die Stopp-Start-Technik
Im Rahmen der Squeeze-Methode wird knapp vor der Ejakulation die Eichel mit den Fingern kurz zusammengedrückt, um die Erektion abzumindern. Bei der Zeitlupen-Variante führt der Mann den Penis ganz langsam und bedächtig in die Vagina ein, um durch eine geringe Stimulation einen frühen Höhepunkt hinauszuzögern. Die Stopp-Start-Methode basiert darauf, dass der Betroffene während des Sexualakts immer wieder kurze Pausen einlegt, mit dem Ziel, die sexuelle Erregung abzuschwächen.
Mitunter braucht es vielleicht etwas Übung, bis Sie diese Techniken beherrschen. Auch gibt es keine Garantie dafür, dass sie bei jedem betroffenen Mann gleich gut funktionieren.
Welcher Arzt ist der richtige bei einem vorzeitigen Samenerguss?
Ansprechpartner bei Ejakulationsstörungen ist der Urologe (Facharzt für Erkrankungen des Harntrakts und der männlichen Geschlechtsteile) oder der Androloge (Spezialist für Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane). Die Diagnose Ejaculatio praecox kann der Arzt stellen, nachdem der Patient ihm im Gespräch von seinen Problemen erzählt hat. Wichtig ist dabei, dass Mann keine falsche Scham gegenüber dem Mediziner zeigt und offen über sein Sexualleben und die Zufriedenheit damit spricht.
Therapie: So kann der Arzt Ihnen helfen
Vermutet der Arzt aufgrund des Gesprächs, dass es körperliche Auslöser für die vorzeitige Ejakulation geben könnte, leitet er weitere Diagnoseverfahren zur Abklärung ein. Bei einer Uroflowmetrie wird beispielsweise der Harnfluss gemessen, um Hinweise auf eine Prostatavergrößerung zu erhalten.
Sexualtherapie als Lösung
Sind zu hohe Ansprüche und Anspannung die Ursachen für das Problem, ist eine Sexualtherapie vielleicht sinnvoll. Hierbei lernt der Patient, den Leistungsdruck beim Geschlechtsakt abzulegen und zu entspannen. Der Hausarzt oder Urologe kann an einen speziell ausgebildeten Sexualtherapeuten vermitteln.
Es stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, um eine Ejaculatio praecox – die sich nicht auf eine andere Erkrankung zurückführen lässt – zu behandeln. Anästhetische (betäubende) Salben und Sprays reduzieren die Sensitivität des Penis. Sie werden kurz vor dem Sex auf die Eichel aufgetragen. Davor ist jedoch die Absprache mit Arzt, auch bei rezeptfreien Mitteln, wichtig, da Nebenwirkungen, wie Erektionsstörungen (durch mangelndes Gefühl im Glied), entstehen können.
Zudem ist eine medikamentöse Therapie mit sogenannten SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) möglich, die zur Gruppe der Antidepressiva zählen. Allerdings müssen Mediziner und Patient die Einnahme von SSRI sorgfältig abwägen. Zu möglichen unerwünschte Nebenwirkungen zählen Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und dauerhafte sexuelle Funktionsstörungen (zum Beispiel Libidoverlust). Aus diesem Grund sollten Arzneien generell als letztes Mittel bei der Therapie zum Einsatz kommen.
Öffnen Sie sich gegenüber Ihrem Partner
Auch wenn es Ihnen vielleicht unangenehm oder peinlich ist: Sprechen Sie mit ihrem Partner über die Sexualstörung. Zum einen nimmt das Ihnen den Druck, zum anderen kann ihr Lebensgefährte so besser nachvollziehen, weshalb Sie vielleicht zunehmend weniger Interesse an Geschlechtsverkehr zeigen. Möglicherweise lassen sich so Streit und Missverständnisse verhindern.
Wenn Sie zu einem Sexualtherapeuten gehen, ist es möglicherweise sinnvoll, den Partner in die Therapie miteinzubeziehen. Nur wenn Sie offen über das Problem des vorzeitigen Samenergusses sprechen, finden Sie einen Weg, damit umzugehen.