Häufig gestellte Fragen zur Hormontherapie:


Wann wird eine Hormontherapie bei Prostatakrebs empfohlen?

Die Behandlung kommt vor allem für Prostatakrebspatienten infrage, deren Tumor schon weit fortgeschritten ist und Metastasen gebildet hat.

Was kann mithilfe einer Hormonentzugstherapie bei Prostatakrebs erreicht werden?

Vom Krebs verursachte Symptome, vor allem Schmerzen, können gelindert und eine weitere Ausbreitung des Tumors für einige Jahre verhindert werden. Oft wird sogar ein Rückgang der Erkrankung beobachtet.

Wie funktioniert die Hormonbehandlung bei einem Prostatakarzinom?

Das männliche Sexualhormon Testosteron sorgt dafür, dass Prostatazellen schneller wachsen und sich vermehren, insbesondere Prostatakrebszellen. Durch die Unterdrückung der Testosteronproduktion soll sich das Wachstum verlangsamen. Deshalb ist oft auch von Hormonentzugstherapie die Rede.

Wie lange wirkt eine Hormontherapie bei Prostatakrebs?

Trotz niedrigem Testosteronspiegel fangen die Tumorzellen nach durchschnittlich 2 Jahren wieder zu wachsen an. Dies kann aber von Mann zu Mann variieren und bedeutet zudem nicht, dass dann alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.1

Welche Nebenwirkungen hat ein Hormonentzug bei Prostatakrebs?

Der Testosteronentzug kann unter anderem zu Hitzewallungen, Verlust der Libido, Zeugungsunfähigkeit oder Muskelabbau führen.

Was bewirkt eine Hormontherapie bei Prostatakrebs?


Androgene, männliche Geschlechtshormone, werden zum größten Teil in den Hoden gebildet und sind wichtig für die Entwicklung und Funktion der Geschlechtsorgane wie auch der Prostata (Vorsteherdrüse). Gleichzeitig fördern die Sexualhormone, allen voran Testosteron, aber auch das Wachstum der Drüse. Etwa 80 Prozent aller Prostatakarzinome wachsen primär hormonabhängig: Das Testosteron sorgt dafür, dass die Prostatazellen, insbesondere die Krebszellen, schneller wachsen und sich vermehren.2 Die Hormontherapie zielt darauf ab, den Testosteronspiegel zu senken und das Wachstum der Tumorzellen zu verlangsamen. Dadurch wird die Krebserkrankung oft Monate oder sogar Jahre ausgebremst und Beschwerden können gelindert werden.

Allerdings wirkt die Therapie nicht dauerhaft. Nach durchschnittlich 2 Jahren fangen die Krebszellen trotz Testosteron-Entzug wieder zu wachsen an, der Tumor gilt als „hormontaub“. Experten sprechen auch von einem "kastrationsresistenten Prostatakarzinom“.1 Dann müssen weitere Maßnahmen zur Behandlung ergriffen werden, beispielsweise eine Strahlen- oder Chemotherapie.

Schon gewusst?

Dass Androgene eine wichtige Rolle für das Wachstum bösartiger Prostatazellen spielen, wurde erstmals 1941 von Charles Brenton Huggins beschrieben. Für seine „Entdeckung zur Hormonbehandlung von Prostatakrebs“ wurde er später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.3

Wann wird eine Hormontherapie bei Prostatakrebs angewandt?


Da der Hormonentzug die Krebserkrankung nicht heilen kann, wird diese Form der Therapie bei Betroffenen in einem frühen Stadium des Prostatakrebses nur in Ausnahmenfällen eingesetzt. Stattdessen kommt die Therapie in folgenden Fällen infrage:

  • Das Prostatakarzinom ist weit fortgeschritten oder es haben sich bereits Metastasen (Tochtergeschwülste) in umliegendem Gewebe, Knochen oder anderen Organen gebildet, so dass eine Heilung nicht mehr möglich ist.
  • Der Arzt rät wegen des Alters des Patienten, der körperlichen Verfassung oder möglicher Nebenwirkungen von einer Bestrahlung oder Operation ab.
  • Der Tumor hat zusätzlich auch die Lymphknoten befallen.

Die Behandlung kann allein angewandt oder mit anderen Behandlungsmöglichkeiten (beispielsweise einer Strahlentherapie) kombiniert werden.

Verschiedene Methoden des Androgen-Entzugs


Grundsätzlich gibt es bei der Hormontherapie zwei Möglichkeiten:

  1. Entfernung der Hoden (Orchiektomie oder chirurgische Kastration)
  2. Gabe von Medikamenten (chemische Kastration)

1. Operative Entfernung der Hoden (chirurgische Kastration)

Da Testosteron vor allem in den Hoden gebildet wird, entfernten Mediziner früher einen Großteil des Hodengewebes. Das hat praktisch dieselbe Wirkung wie ein medikamentöser Hormonentzug: Die Produktion des Geschlechtshormons wird weitestgehend gestoppt. Der Eingriff erfolgte meist ambulant und unter örtlicher Betäubung.4

Da diese Methode für viele Männer eine psychische Belastung darstellt und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, hat sie heutzutage keinen großen Stellenwert mehr. Sie wird nur noch sehr selten durchgeführt (zum Beispiel zur raschen Linderung von Schmerzen durch Metastasen).

2. Medikamentöser Hormonentzug (chemische Kastration)

In den überwiegenden Fällen wird Erkrankten zu einer chemischen Hormonentzugstherapie geraten. Mit Medikamenten kann man die Hormonwirkung auf die Krebszellen auf unterschiedliche Weise unterbrechen:

  • Einige Arzneimittel sorgen dafür, dass das Testosteron in der Prostata und dem Tumor nicht wirken kann.
  • Andere Medikamente zielen darauf ab, den Testosteron-Spiegel im Blut (und damit auch der Prostata) zu senken. Dafür greifen sie an verschiedenen Stellen in den Regelkreis der männlichen Geschlechtshormone ein.

Hintergrundwissen: So funktioniert der Regelkreis der Sexualhormone

Testosteron wird zwar zu einem Großteil in den Hoden (und zu einem kleinen Teil in den Nebennieren gebildet), das eigentliche Steuerzentrum befindet sich aber im Gehirn – genauer gesagt im Zwischenhirn (Hypothalamus). Ist der Testosteronspiegel im Blut niedrig, gibt es den Befehl, Gonadoliberine freizusetzen. Die Botenstoffe werden auch Gonadotropin-Releasing-Hormon oder kurz GnRH (veraltetes Synonym: LHRH) genannt. Diese regen wiederum die Hirnanhangsdrüse Hypophyse dazu an, ihrerseits Botenstoffe (Gonadotropine) auszuschütten, die die Produktion von neuem Testosteron in den Hoden veranlassen. Ist dagegen genug Testosteron im Blut, werden keine Botenstoffe ausgeschüttet.5

Für den medikamentösen Hormonentzug stehen verschiedene Wirkstoffe beziehungsweise Wirkstoffgruppen zur Verfügung:

  • GnRH-Analoga (auch GnRH-Agonisten/LHRH-Agonisten): Bei den Wirkstoffen (zum Beispiel Buserelin oder Leuprorelin) handelt sich um „Kopien“ des natürlich im Körper vorkommenden Hormons GnRH, die jedoch stärker und länger an die Rezeptoren der Hypophyse binden. Dadurch signalisiert die Hypophyse dem Regelkreis, dass genug Hormone vorhanden sind und bildet weniger Gonadotropine. Zu Beginn der Behandlung kann es zunächst zu einem vorübergehenden Anstieg des Testosteronspiegels kommen („Flare-up-Phänomen“). Anschließend wird die Testosteronproduktion gehemmt.
  • GnRH-Antagonisten, auch LHRH-Antagonisten: Die „Konkurrenten“ des natürlichen GnRH blockieren die Rezeptoren in der Hypophyse. Das Signal zur Hormonausschüttung bleibt aus, wodurch die Testosteronproduktion gedrosselt wird. Zu dieser Wirkstoffgruppe zählen zum Beispiel Abarelix oder Degarelix.
  • Androgenrezeptor-Antagonisten: Sie hemmen die Wirkung männlicher Geschlechtshormone auf die Prostata, indem sie die Hormonbindungsstellen der Androgene blockieren. Zur Gruppe der Androgenrezeptor-Antagonisten gehören unter anderem Bicalutamid oder Flutamid.
  • Direkte Hemmer der Testosteronproduktion: Sie verringern die Bildung von Testosteron selbst, indem sie die Entstehung eines dafür wichtigen Eiweißes verhindern. In Deutschland ist Abirateron als einziges Präparat dieser Wirkstoffgruppe zugelassen.

Standardmäßig erfolgt die Therapie mit einem Wirkstoff (Monotherapie) oder zwei antiandrogenen Wirkstoffen gleichzeitig (sogenannte maximale Androgenblockade). Eine Kombination von drei Wirkstoffen (Triple-Therapie) erhalten Patienten nur selten.

Wie läuft die Hormontherapie bei Prostatakrebs ab?


GnRH-Analoga werden meist als Depotpräparate, die den Wirkstoff kontinuierlich abgeben, in regelmäßigen Abständen unter die Bauchhaut gespritzt. In der Regel ist das alle 3 bis 6 Monate nötig. GnRH-Antagonisten werden als Spritze unter die Haut oder in den Muskel verabreicht. Einige Medikamente werden zudem in Form von Tabletten verabreicht. Die Hormonbehandlung ist normalerweise eine Dauertherapie, die so lange angewandt wird, bis der Tumor nicht mehr auf diese anspricht. Es kommen verschiedene Strategien der Hormonentzugstherapie infrage:

  • Maximale Androgenblockade: Kombination des Hormonentzugs mit Antiandrogenen, die dafür sorgen, dass das Testosteron in der Prostatazelle nicht wirken kann. Je nachdem welche Medikamente kombiniert wurden, konnten einigen Studien gering erhöhte Überlebensvorteile im Vergleich zur Monotherapie nachweisen. Allerdings sind die Nebenwirkungen stärker ausgeprägt.1
  • Intermittierende Hormonblockade (kurz IAD): Hierunter verstehen Mediziner einen Wechsel von mehrmonatiger Behandlungsdauer und therapiefreien Intervallen. Dadurch kann sich der Testosteronspiegel zwischen den Behandlungen normalisieren. Die Entstehung hormonunempfindlicher Krebszellen soll hinausgezögert werden. Voraussetzung für diese Variante ist jedoch, dass der PSA-Wert in der einleitenden Therapiephase deutlich abnimmt.5
  • Unterstützende Hormonentzugstherapie: Es ist möglich, die Hormonentzugstherapie auch begleitend vor (neoadjuvant), während oder nach (adjuvant) einer Bestrahlung anzuwenden. Das kann die Wirksamkeit der Bestrahlung erhöhen.

Welche Therapieoption für Sie infrage kommt, besprechen Sie am besten mit Ihrem Urologen.

Ärztliche Kontrolle

Damit der Arzt beurteilen kann, ob die Behandlung anspricht, werden regelmäßige Arztbesuche – alle 3 bis 6 Monate – empfohlen.5 Der Mediziner kontrolliert bei diesen Check-ups unter anderem den PSA-Wert im Blut  und erkundigt sich nach möglichen Nebenwirkungen der Hormontherapie. Bei Bedarf können weitere Laborwerte untersucht oder bildgebende Verfahren eingesetzt werden. Aber auch bei neuen oder schweren Symptomen, die außerhalb der Kontrolltermine auftreten, sollte unbedingt der Arzt aufgesucht werden! Am besten Sie nehmen sich einen Notizzettel mit vorformulierten Fragen und ausreichend Platz zum Mitschreiben der Antworten mit.

Welche Nebenwirkungen können bei der Hormonentzugstherapie auftreten?


Je nach Behandlungsstrategie und Wirkstoff kann es bei der Hormonentzugstherapie zu Nebenwirkungen kommen. Diese werden meist unter dem Begriff Androgen-Entzugssyndrom gelistet und umfassen unter anderem:

  • Abnahme des sexuellen Antriebs und erektile Dysfunktion
  • Verlust der Zeugungsfähigkeit
  • Hitzewallungen
  • Blutarmut
  • Brustschmerzen und Anwachsen der Brüste
  • Gewichtszunahme
  • Muskelabbau
  • Knochenschwund und erhöhtes Osteoporose-Risiko
  • Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit, Müdigkeit

Besprechen Sie die möglichen Risiken mit Ihrem behandelnden Arzt. Einige lassen sich mithilfe anderer Medikamente beheben oder lindern. Beispielsweise gibt es Arzneimittel, die die Erektion verstärken können. Auch eine Blutarmut kann mithilfe von Medikamenten oder Bluttransfusionen behandelt werden. Ausreichend Bewegung hilft gegen eine Gewichtszunahme oder Muskelabbau. Werden Sie also selbst aktiv und unterstützen Sie die Behandlung mit einem gesunden Lebensstil.

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Miriam Müller Aufgewachsen in einer Familie aus Krankenschwestern und Journalisten, interessierte sich Miriam Müller bereits sehr früh für die Themen Medizin und Medien. Nach verschiedenen Praktika im journalistischen Bereich – unter anderem bei der Deutschen Welle in Washington D.C. – absolvierte sie erfolgreich ihr Masterstudium Kommunikationswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg. Miriam Müller Medizinredakteurin und Kommunikationswissenschaftlerin kanyo® mehr erfahren
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