Definition: Was ist eine Nierenbeckenentzündung? Welche Formen gibt es?
Die Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) ist eine meist durch Bakterien verursachte Infektion des Nierengewebes und des Nierenbeckens. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Oft entsteht eine akute Erkrankung durch einen aufsteigenden Harnwegsinfekt zum Beispiel in Folge einer Blasenentzündung (Zystitis).1 Dabei steigen Bakterien aus der Harnblase auf und gelangen über einen oder beide Harnleiter in das Nierenbecken. Die Folge ist eine Entzündung. So eine akute Infektion der Nieren äußert sich durch Symptome wie zum Beispiel:1
- Fieber (über 39 Grad Celsius)
- starke Flankenschmerzen im Bereich der Nieren
- ausgeprägtes Krankheitsgefühl
Im Gegensatz zur akuten Form bleibt die chronische Nierenbeckenentzündung häufig unbemerkt, da sie lange Zeit keine eindeutigen oder eher milde Beschwerden verursacht. Betroffene verspüren zum Beispiel Müdigkeit, Unwohlsein oder dumpfe Rückenschmerzen, die Sie dann nicht direkt in Verbindung mit den Nieren bringen.
Eine chronische Nierenbeckenentzündung entwickelt sich beispielsweise aus der akuten Variante, wenn die ableitenden Harnwege über längere Zeit verändert sind – etwa durch einen vesikoureteralen Reflux (Rückstau des Harns in Richtung Niere) oder eine Harnleiterverengung. Dabei kommt es aufgrund der anhaltenden Infekte und Entzündungsreaktionen häufig zu einer Vernarbung des Nierengewebes, was die Nierenfunktion dauerhaft beeinträchtigt. Im schlimmsten Fall kann eine chronische Nierenbeckenentzündung so weit fortschreiten, dass die Nieren ihre Funktion einstellen (Nierenversagen) und eine Dialyse erforderlich wird.1
Ursachen und Risikofaktoren für eine Nierenbeckenentzündung
Es gibt verschiedene Auslöser und auch Risikofaktoren für die Entstehung einer Nierenbeckenentzündung.
Direkt zu den Ursachen:
Nierenbeckenentzündung aufgrund von Bakterien
Im Normalfall sind der Urin sowie der Harntrakt frei von Bakterien. Bestimmte Faktoren können jedoch dazu führen, dass Erreger – meist Escherichia coli (Keime aus dem Darm) – über die Harnröhre bis zur Niere gelangen und dort eine Entzündung auslösen.1 Häufig ist eine verschleppte Blasenentzündung (Zystitis) schuld an einer Pyelonephritis.2 Steigen die krankmachenden Erreger aus der Blase zu den Nieren auf, spielt außerdem die Länge der Harnröhre eine entscheidende Rolle. Bei Männern misst die Harnröhre etwa 25 Zentimeter, während sie bei Frauen nur rund 4 Zentimeter lang ist.2 Die kürzere Strecke in den weiblichen Organen erleichtert es den Bakterien, die Blase und damit die Nieren zu erreichen. Aus diesem Grund sind Frauen etwa dreimal häufiger von Harnwegsinfekten betroffen als Männer.2
Mangelnde Hygiene als Ursache?
Eine Nierenbeckenentzündung wird nicht direkt durch mangelnde Hygiene im Intimbereich verursacht. Jedoch sollte nach dem Toilettengang die Reinigung immer vom Genitalbereich in Richtung des Analbereichs erfolgen, um eine Übertragung von Keimen zu vermeiden. Unter Umständen können auch bestimmte Pflegeprodukte wie Intimsprays, ungeeignete Reinigungsmittel oder Verhütungscremes (insbesondere bei Frauen) das Risiko für die Entstehung einer akuten Nierenbeckenentzündung erhöhen, da sie die natürliche Schutzbarriere im Intimbereich stören.2
Anatomische und physiologische Ursachen für eine Nierenbeckenentzündung
Harnabflussstörungen erhöhen beim Mann das Risiko einer Nierenbeckenentzündung. Diese können durch eine verengte Harnröhre oder Hindernisse, wie eine vergrößerte Prostata (Prostatahyperplasie), Nierensteine, Harnleitersteine oder Tumore, verursacht werden. Denn solche Faktoren sorgen oft dafür, dass die Blase nicht vollständig entleert wird. Dadurch bleibt ein sogenannter Restharn zurück. Er schafft ideale Bedingungen für Bakterien, da die feuchtwarme Umgebung das Wachstum der Keime begünstigt.
Weitere Risikofaktoren für die Entstehung einer Nierenbeckenentzündung
Es gibt jedoch noch weitere Faktoren, die das Risiko erhöhen, an einer Nierenbeckenentzündung zu erkranken. Dazu gehören:1,2
- hoher Zuckergehalt im Urin (wie bei der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus)
- geschwächte Immunabwehr (zum Beispiel durch HIV oder eine Krebstherapie)
- hormonelle Veränderungen und Druck auf die Harnwege (beispielsweise während einer Schwangerschaft)
Aber auch die Sexualität spielt unter Umständen eine Rolle. Geschlechtsverkehr kann dazu führen, dass Bakterien in die Harnröhre gelangen, was das Risiko von Harnwegsinfektionen und Nierenbeckenentzündungen erhöht. Gerade Frauen wird daher empfohlen, nach dem Geschlechtsverkehr die Toilette aufzusuchen, um Keime durch das Urinieren auszuspülen.
Symptome: Wie äußert sich eine Nierenbeckenentzündung?
Eine akute Nierenbeckenentzündung zeigt sich durch typische Symptome, wie zum Beispiel:1
- Fieber
- Schüttelfrost
- starke Flankenschmerzen, die bis in den Bereich der Rippen ausstrahlen können
- schmerzhaftes, häufiges und erschwertes Wasserlassen (Dysurie)
- veränderter Urin (unangenehmer Geruch, Trübung oder Blut im Urin)
Die chronische Nierenbeckenentzündung hat dagegen oft eher unspezifische Krankheitszeichen. Dazu zählen:1
- Abgeschlagenheit
- Kopfschmerzen
- Übelkeit und Brechreiz
- dumpfe Rückenschmerzen
Die chronische Form wird aufgrund der nicht eindeutigen Symptome häufig erst spät erkannt und schädigt die Niere langsam und kontinuierlich (bis hin zum Nierenversagen). Im Verlauf kann das eine Blutarmut (Anämie) zur Folge haben, da die Nieren an der Produktion der roten Blutkörperchen beteiligt sind.
Diagnose: Wie stellt der Arzt eine Nierenbeckenentzündung fest?
Zur Diagnosestellung der Pyelonephritis erfolgen verschiedene Maßnahmen:
- Der Arzt (Hausarzt oder Urologe) erfragt die Krankengeschichte (Anamnese) und die vorrausgegangen Beschwerden.
- Es erfolgt zudem eine körperliche Untersuchung, bei der die Nierenregion abgeklopft wird, um eine Schmerzreaktion zu provozieren.
- Mithilfe einer Blutuntersuchung werden die Nieren- und Entzündungswerte des Patienten überprüft.
- Eine Urinprobe wird mittels Urinteststreifen auf Bakterien und weiße Blutkörperchen (Leukozyten) untersucht.
- Zusätzlich kann eine Urinprobe auf Bakterien kultiviert werden, um die genauen Erreger festzustellen.
Aber auch mit Hilfe bildgebender Verfahren wie einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) können die Nieren und die ableitenden Harnwege genauer betrachtet werden, wobei insbesondere nach möglichen Ursachen für einen Harnstau gesucht wird.
In manchen Fällen wir der Arzt zudem weiterführende Untersuchungen anordnen, wie:
- Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel (Urographie)
- Computertomographie (CT)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Blasenspiegelung (Zystoskopie)
Die Behandlung der Nierenbeckenentzündung
Die Therapie der Pyelonephritis richtet sich nach folgenden Faktoren:2
- Ausmaß der Entzündung und Form (akut, chronisch)
- Auslöser der Infektion
- Zustand der Nieren
Bei Verdacht auf eine Nierenbeckenentzündung erfolgt in der Regel zuerst die Abnahme von Urin und Blut, um die Art der Bakterien nachzuweisen. Noch vor Erhalt der Untersuchungsergebnisse beginnt der Arzt aber sicherheitshalber bereits mit der Antibiotika-Behandlung, um einer möglichen Ausbreitung der Infektion vorzubeugen. Hierbei verschreibt er ein Antibiotikum mit breitem Wirkungsspektrum (auch Breitbandantibiotikum genannt), das gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterienarten wirkt.
Nach Identifizierung des Erregers wird die Therapie gegebenenfalls durch den Arzt auf ein spezifisch wirksames Antibiotikum angepasst. Kommt es zu häufig wiederkehrenden (chronischen) Entzündungen des Nierenbeckens, kann auch eine langfristige, niedrigdosierte Gabe von Antibiotika erforderlich sein.1
Ergänzend zur spezifischen Behandlung sind bei einer Entzündung der Nierenbecken folgende Maßnahmen im Rahmen der konventionellen Therapie wichtig:1
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens zwei Liter pro Tag)1
- körperlich schonen oder sogar Bettruhe einhalten
- Verzicht auf nierenschädigende Medikamente (zum Beispiel nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen, Kontrastmittel)
Bei Bedarf erfolgt die Verabreichung von krampflösenden Medikamenten, Schmerzmitteln oder Fiebersenkern.
Operative Behandlung der Pyelonephritis
Liegt der Nierenbeckenentzündung eine Störung des Urinabflusses (zum Beispiel der Harnleiter) zugrunde, sind diagnostische Untersuchungen wie Ultraschall, Röntgen und gegebenenfalls eine Computertomografie erforderlich. Wird dabei eine anatomische Veränderung festgestellt – beispielsweise eine vergrößerte Prostata, die die Harnröhre verengt – kann eine Operation notwendig sein.
Ist die Nierenbeckenentzündung bereits fortgeschritten, ist unter Umständen auch eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Dort besteht die Möglichkeit, Komplikationen – wie einem Harnstau oder einer Blutvergiftung (Sepsis) – frühzeitig entgegenzuwirken.
Komplikationen aufgrund einer Nierenentzündung
Ohne rechtzeitige Behandlung können Komplikationen wie eine Harnstauung auftreten, die den normalen Urinfluss blockiert und die Nieren schädigt. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass sich Abszesse in der Niere bilden – abgekapselte Eiteransammlungen, die möglicherweise zu einer ernsthaften Infektion führen. Langfristig verursachen unbehandelte oder wiederholte Infektionen im schlimmsten Fall eine Niereninsuffizienz (Nierenversagen).
Prävention: Nierenbeckenentzündung vorbeugen
Zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten und um das Risiko für die Entstehung einer Entzündung der Nieren zu minimieren, können folgende Maßnahmen und Tipps hilfreich sein:1
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Eine regelmäßige Zufuhr von Flüssigkeit – idealerweise mindestens 2 Liter Wasser pro Tag1 – hilft, die Harnwege durchzuspülen und die Ansammlung von Keimen zu verhindern.
- Angemessene Intimhygiene: Verzichten Sie auf die Verwendung von Intimsprays, parfümierten Seifen oder desinfizierenden Lösungen, da sie das Hautmilieu im Genitalbereich verändern und die natürliche Schutzbarriere der Haut schwächen können.
- Vermeidung von Kälte: Setzen Sie sich nicht auf kalte Flächen, da Kälte die Durchblutung im Beckenbereich beeinträchtigen und das Risiko von Harnwegsinfektionen erhöhen kann.
- Harndrang nicht unterdrücken: Vermeiden Sie es, den Harndrang über längere Zeit zu unterdrücken, da dies zur Bildung von Restharn führen kann. Das Zurückhalten von Harn begünstigt das Wachstum von Bakterien und erhöht das Infektionsrisiko.
- Regelmäßige urologische Kontrollen: Bei bekannten Prostataerkrankungen ist eine regelmäßige Untersuchung durch einen Urologen empfehlenswert. So können Veränderungen erkannt und rechtzeitig behandelt werden.
- Früherkennung von Harnabflussstörungen: Wenn Probleme beim Wasserlassen auftreten, sollte dies nicht ignoriert werden. Eine frühe Diagnose und Behandlung von Harnabflussstörungen können schwerwiegende Komplikationen, wie Harnstau oder Infektionen, verhindern.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährungsweise mit reichlich Obst und Gemüse stärkt das Immunsystem und unterstützt den Körper bei der Abwehr von Infektionen.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Der Verzicht auf Risikofaktoren wie Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum kann zur allgemeinen Gesundheitsförderung beitragen und möglicherweise auch das Risiko von Harnwegsinfektionen sowie Prostataerkrankungen verringern.
Fazit: Eine gesunde Lebensweise, rechtzeitige Vorsorge und eine achtsame Intimhygiene sind die besten Voraussetzungen, um Harnwegsinfektionen wie Blasenentzündungen und Entzündungen der oberen Harnwege zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen zur Nierenbeckenentzündung
Bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) sind Schmerzen in der Flankenregion typisch, also seitlich im unteren Rückenbereich. Diese Schmerzen treten einseitig oder beidseitig auf und strahlen teilweise in den Unterbauch aus.
Eine Pyelonephritis macht sich durch Beschwerden wie starke Schmerzen in der Flanke bemerkbar. Weitere Anzeichen können Fieber und Schüttelfrost, brennende Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang mit nur kleinen Urinmengen sowie Übelkeit und Erbrechen sein. Betroffene fühlen sich sehr müde und haben ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl.
Körperliche Schonung und Bettruhe sind bei einer Nierenbeckenentzündung wichtig, um den Körper bei der Heilung zu unterstützen. Ruhe hilft am besten dabei, das Immunsystem zu entlasten und die körpereigenen Abwehrkräfte zu stärken, wodurch die Infektion der Harnwege effektiver bekämpft werden kann.
Eine unbehandelte Nierenbeckenentzündung kann zu ernsthaften Komplikationen führen, darunter eine Blutvergiftung (Sepsis), bei der Bakterien in die Blutbahn gelangen, ein Nierenabszess oder eine dauerhafte Nierenschädigung, die die Nierenfunktion beeinträchtigt und zum Nierenversagen führt. Bei einem Verdacht sollten Betroffene daher unbedingt ihren Arzt (Hausarzt, Urologe) aufsuchen.